Wer trägt die Beweislast bei Übermittlung eines Steuerbescheids?

Steuerbescheide entfalten erst nach Zustellung ihre Rechtskraft. Wer trägt bei vermeintlicher Nichtzustellung die Beweislast? Das Urteil des Finanzgerichts Köln haben wir für Sie zusammengefasst.

09. August 2022
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Steuerbescheide sind Verwaltungsakte, die erst mit Bekanntgabe ihre Rechtskraft entfalten. In den Mittelpunkt rückt in diesem Zusammenhang die formale Übermittlung eines Bescheids an den Adressaten, damit dieser dessen Inhalt zur Kenntnis nehmen kann. Lässt sich der Zugang im Zweifel nicht nachweisen, kann das Finanzamt zum Beispiel geltend gemachte Steuerforderungen (zumindest vorübergehend) rechtlich nicht durchsetzen.

Bei der Übermittlung von Steuer­bescheiden kommt die »Drei-Tage-Bekanntgabefiktion« zum Tragen. Diese besagt, dass ein Steuerbescheid grundsätzlich am dritten Werktag nach Aufgabe zur Post als übermittelt und damit bekanntgegeben gilt.

Die Bekanntgabefiktion hat aber ihre Tücken, was die zahlreichen gerichtlichen Aus­einandersetzungen rund um dieses Thema verdeutlichen. Auch das Finanzgericht Köln musste sich unlängst mit der Frage auseinandersetzen: Hat das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid tatsächlich übermittelt und damit bekannt gegeben?

Das Finanzgericht Köln wies darauf hin, dass es ausreichender Indizien seitens des Finanzamtes bedürfe, um den Zugang des Einkommensteuerbescheids 2019 glaubhaft zu machen. Ein bloßer Anscheinsbeweis reiche nicht aus. Dem Finanzamt gelang es durch interne Ermittlungen, genügend Indizien zusammenzutragen: Nach einer Mitteilung des Rechenzentrums der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen war der betreffende Einkommensteuerbescheid Inhalt einer genau gekennzeichneten Druckdatei und trug die Sendungsnummer 1. Exakt diese Sendungsnummer wurde nach einer Auskunft der Deutschen Post AG auch bei ihr am 7. Mai 2021 eingeliefert und am selben Tag als Kompaktbrief bearbeitet. Die Sendung war korrekt adressiert und maschinell gut erfasst. Fehler wurden bei der Bearbeitung durch die Post nicht ausgewiesen.

Vor dem Hintergrund der vom Finanzamt vorgelegten Unterlagen hatte das Finanzgericht letztlich keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Einkommensteuerbescheid 2019 tatsächlich am 7. Mai 2021 bei der Post aufgegeben und daher am 10. Mai 2021 bekannt gegeben wurde (Beschluss vom 8.11.2021, 11 V 1709/21).