Arzneimittel-Engpass & Co.: Neues vom Gesetzgeber
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat aktuell mehrere Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht. Unter anderem sollen Arzneimittel-Engpässe vermindert sowie Retaxationen und Präqualifizierungen seltener nötig werden, es gibt neue Initiativen zum E-Rezept und zur Stärkung der kommunalen Gesundheitsversorgung. Wir klären über die geplanten Maßnahmen auf.
Kurz vor der Sommerpause hat der Gesetzgeber viele Vorhaben auf den Weg gebracht, die Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe haben. Wir fassen für Sie die wichtigsten Punkte zusammen.
Die Pläne zur Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfung und Versorgungsverbesserung
Am 27. Juli 2023 ist das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) in Kraft getreten. Hier geht es um die Bekämpfung von Arzneimittel-Lieferengpässen, um bessere Versorgung mit Kinder-Arzneimitteln, um neue Vergütungen für Apotheken und Großhandel sowie um Begrenzung der Retaxationen und Vereinfachung von Präqualifizierungsmaßnahmen. Nachdem das Gesetz den Gesundheitsausschuss passiert hat, wurde es am 23. Juli 2023 vom Bundestag beschlossen. Die wichtigsten Inhalte sind:
- Zur Engpassbeseitigung gelten künftig einfachere Austauschregeln für Apotheken, erhöhte Bevorratungspflichten für Hersteller und Großhändler sowie keine Festbeträge und Rabattverträge mehr für Kinderarzneimittel.
- Bis Ende des Jahres 2023 können COVID-Impfstoffe und -Medikamente weiterhin zu den bekannten Vergütungsregelungen abgegeben werden.
- Es gibt eine unbefristete Verlängerung der in der Corona-Pandemie erprobten telefonischen Krankschreibung bei leichten Erkrankungen.
- Zur Abgabe von apothekenüblichen Hilfsmitteln ist keine Präqualifizierung mehr nötig. Details soll die Selbstverwaltung regeln.
- Der pharmazeutische Großhandel bekommt pro Packung eine Erhöhung des Festzuschlages um 3 Cent, was etwa 20 Millionen Euro pro Jahr ausmacht. Hiermit wird die Leistung des Großhandels zur Verbesserung der Arzneimittel-Lieferengpässe und der besseren Versorgung mit Kinderarzneimitteln vergütet. Die nötigen Preisänderungen bei RX-Arzneimitteln werden erst zum 1. September 2023 in der Lauer-Taxe sichtbar und für die Rezeptabrechnung sowie den Großhandel relevant werden.
- Die Apotheken erhalten für ausgetauschte Arzneimittel eine Vergütung von 50 Cent zuzüglich Umsatzsteuer pro Packung, was nach Schätzung unter 10 Millionen Euro pro Jahr bedeutet. Es sind dafür grundsätzlich zwei Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen zu starten und darüber eine Dokumentation zu erstellen. Die Zuschläge werden über das Rechenzentrum abgerechnet.
- Retaxationen bei Nichtabgabe von Rabattarzneimitteln sowie wegen fehlender Verfügbarkeitsanfragen beim Austausch von verschriebenen und nicht verfügbaren Arzneimitteln sollen künftig auf die Apothekenvergütung beschränkt werden. Außerdem werden fünf Fallgruppen gebildet, in denen Retaxationen grundsätzlich ausgeschlossen werden:
– Dosierung fehlt;
– Datum fehlt oder nicht lesbar;
– Belieferungsfrist um bis zu drei Tage überschritten;
– Abgabe vor Vorlage des Rezeptes;
– Genehmigung wurde erst nachträglich erteilt.
Details zu dem Gesetz sowie den kompletten Gesetzestext hat das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Seite www.bundesgesundheitsministerium.de veröffentlicht.
Digitalisierung im Gesundheitsbereich
Außerdem feilt die Ampel-Koalition an ihrer Digitalisierungsstrategie. Dazu gibt es Entwürfe zum einen für ein Digitalgesetz und zum anderen für ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG). Festgelegt wird hier, dass das E-Rezept zum 1. Januar 2024 als Standard kommen soll. Ab 15. Januar 2025 werden alle Versicherten zur Teilnahme an der elektronischen Patientenakte (ePA) verpflichtet, sofern sie nicht aktiv Widerspruch einlegen. Mitwirken sollen die Apotheken bei der Befüllung des elektronischen Medikationsplans, den sie um entsprechende Verordnungsdaten und Dispensierinformationen ergänzen sollen. Außerdem soll mit der Gesetzgebung das Angebot zur Telemedizin ausgebaut und die Nutzung von Gesundheitsdaten zum Zwecke der Forschung vereinfacht werden.
Mehr über die Gesundheitskioske
Schon länger kursiert die Idee zu einem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG). Ein Referentenentwurf liegt sein Mitte Juni vor und will sogenannte Gesundheitskioske zulassen, die auf kommunaler Ebene einen niedrigschwelligen Zugang zu Gesundheitsthemen bieten sollen. Das BMG kalkuliert mit etwa 400.000 Euro an Kosten pro Gesundheitskiosk, die sich Kommunen, gesetzliche und private Krankenversicherung teilen sollen. Für eine bessere Versorgung vor Ort soll zudem die Gründung von kommunalen Medizinischen Versorgungszentren vereinfacht werden, ferner können Gesundheitsregionenverträge vereinbart und Primärversorgungszentren gegründet werden.
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