Immobilienkauf mit Renovierungsbedarf: Anschaffungsnahe Herstellungskosten vermeiden
Wie können anschaffungsnahe Herstellungskosten beim Kauf einer Immobilie mit Renovierungsbedarf vermieden werden? Diese und weitere Fragen werden im Folgenden anhand von Praxisbeispielen erläutert.

Wird eine Mietimmobilie instandgesetzt oder modernisiert, sind die Aufwendungen grundsätzlich im Jahr der Zahlung als Werbungskosten abzugsfähig. Werden jedoch die Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt und übersteigen die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 Prozent der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten, handelt es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten. Die Folge: Die Aufwendungen können nur über die langjährige Gebäudeabschreibung als Werbungskosten abgezogen werden. Um dies zu vermeiden, gilt es insbesondere, den Dreijahreszeitraum richtig anzuwenden.
Beginn des Dreijahreszeitraums
Der Zeitraum von drei Jahren klingt überschaubar. Doch hier lauern die Tücken im Detail. Denn wann beginnt der Zeitraum genau und wann endet er?
Irrtümlich wird oft davon ausgegangen, dass der Zeitraum ab dem abgeschlossenen Kaufvertrag über den Erwerb der Immobilie beginnt. Das ist aber ein Trugschluss. Denn der dreijährige Zeitraum beginnt erst dann, wenn das wirtschaftliche Eigentum übergegangen ist. Maßgebend ist demzufolge der Zeitpunkt, zu dem Besitz, Nutzen und Lasten übergehen.
Ein Beispiel aus der Praxis
Der Steuerpflichtige A hat am 2. Januar 2021 einen Kaufvertrag über ein Einfamilienhaus unterzeichnet, das fremdüblich vermietet werden soll. Besitz, Nutzen und Lasten gehen mit Zahlung des Kaufpreises über, das ist der 31. Januar 2021.
Auf das Gebäude entfallen Anschaffungskosten von 200.000 Euro, sodass die 15 Prozent-Grenze bei 30.000 Euro liegt. Bis zum 31. Dezember 2023 hat A Renovierungen in Höhe von 28.000 Euro durchgeführt. Mitte Januar 2024 wird noch ein Fenster für 3.000 Euro netto ausgetauscht.
Das bedeutet, wäre der Zeitraum ausgehend von dem Kaufvertrag zu berechnen, würden sich keine anschaffungsnahen Herstellungskosten ergeben. Damit wäre ein sofortiger Abzug aller Aufwendungen zulässig.
Weil der Zeitraum jedoch ab dem 31. Januar 2021 beginnt und somit auch noch den Januar 2024 umfasst, wird die Grenze (30.000 Euro) durch die Aufwendungen (31.000 Euro) überschritten. Die Folge: Der Steuerpflichtige A kann die 31.000 Euro nur über die Gebäudeabschreibung absetzen.
Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, sind nicht einzubeziehen. Zudem ist die Grenze nur in den drei Jahren nach dem Immobilienerwerb zu prüfen. Sollte eine Immobilie aus dem Betriebs- in das Privatvermögen überführt werden, beginnt keine neue Dreijahresfrist. Dies hat der Bundesfinanzhof 2022 entschieden.
Zudem ist zu beachten, dass es nicht auf die Bezahlung der Aufwendungen, sondern auf die Ausführung der Maßnahmen innerhalb des Dreijahreszeitraums ankommt. Dabei geht die Finanzverwaltung sogar so weit, dass die Maßnahme zum Ende des Zeitraums nicht einmal abgeschlossen sein muss.
Bei Maßnahmen, die sich über den dreijährigen Zeitraum hinaus erstrecken, hat folglich zum Ablauf des dritten Jahres eine Aufteilung zu erfolgen. Der Teil der Aufwendungen, der auf innerhalb des dreijährigen Zeitraums durchgeführte Maßnahmen entfällt, ist für Zwecke der anschaffungsnahen Herstellungskosten zu berücksichtigen. Der restliche Teil fällt aus der Berechnung heraus. Das hat zur Folge, dass zur Umgehung der 15 Prozent- Grenze es also keine Lösung ist, nur die Bezahlung der Rechnungen zu verschieben.
Praxisbeispiel für Aufwendungen, die den Dreijahreszeitraum überschreiten
Der Dreijahreszeitraum läuft vom 1. Juli 2021 bis zum 30. Juni 2024. Die relevante 15 Prozent-Grenze beträgt 50.000 Euro. Innerhalb des Zeitraums wurden Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen über 45.000 Euro durchgeführt sowie bezahlt.
Am 1. Juni 2024 hat zudem ein Handwerker mit der Sanierung der Fassade begonnen. Der Abschluss der Sanierung erfolgt am 15. Juli 2024. Die Rechnung beträgt netto 12.000 Euro und wird im August bezahlt. Davon entfallen 7.000 Euro auf den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 30. Juni 2024. Weil die im August 2024 bezahlten Aufwendungen insoweit berücksichtigt werden, wie sie auf den dreijährigen Zeitraum entfallen (7.000 Euro), wurde die 15 Prozent-Grenze überschritten.
Ziehen sich Baumaßnahmen über den Dreijahreszeitraum hin, ist es sinnvoll von den Bauunternehmern Aufstellungen über die bis zum Ablauf des Zeitraums getätigten Baumaßnahmen anzufordern.
Vorgezogene Aufwendungen
Da der Dreijahreszeitraum nicht ab dem Datum des notariellen Vertrags, sondern erst ab dem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten beginnt, kann die Durchführung von Maßnahmen auch vorgezogen werden. Denn Maßnahmen, die vor dem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten ausgeführt werden, bleiben ebenfalls von der Anrechnung an anschaffungsnahen Herstellungskosten verschont. Dies hat der Bundesfinanzhof im Jahr 2020 festgestellt.
Ein Beispiel für die Anwendungspraxis
Der Steuerpflichtige A unterzeichnet am 1. Februar 2024 einen Notarvertrag über den Kauf eines Mehrfamilienhauses. Als Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten wurde der 1. Mai 2024 vereinbart. Der Vertrag sieht vor, dass A bereits vor dem 1. Mai 2024 Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen vornehmen darf. Die Anschaffungskosten des Gebäudes betragen 300.000 Euro.
A tätigt folgende Instandhaltungs- sowie Modernisierungsmaßnahmen:
- 1. Februar 2024 bis 30. April 2024: 20.000 Euro
- 1. Mai 2024 bis 31. Dezember 2024: 30.000 Euro
Am 1. Januar 2025 ist alles fertig und die Mieter ziehen ein.
Der Zeitraum für die anschaffungsnahen Herstellungskosten läuft vom 1. Mai 2024 bis zum 30. April 2027. Die Aufwendungen bis zum 30. April 2024 sind als Aufwand »vor« der Anschaffung nicht in die 15 Prozent-Grenze einzubeziehen. Deshalb sind die 20.000 Euro sofort abzugsfähig.
Im Dreijahreszeitraum fallen nur 30.000 Euro an. Diese übersteigen die 15 Prozent-Grenze nicht (300.000 × 15 Prozent = 45.000 Euro). Es handelt sich ebenfalls um sofort abzugsfähigen Aufwand.
Bei Vorverlagerung von Aufwendungen sollte darauf geachtet werden, dass die jeweilige Abnahme der Baumaßnahme vor dem Übergang von Nutzen und Lasten erfolgt. Im Zweifel wären auch Teilrechnungen zu Dokumentationszwecken geeignet, um gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen, welche Aufwendungen auf Maßnahmen vor beziehungsweise nach Erwerb des Objekts entfallen.
Quelle: § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG; BFH-Urteil vom 3.5.2022, Az. IX R 7/21; BFH, Beschluss vom 28.4.2020, Az. IX B 121/19