Reform der Grundsteuer: Ein Blick auf den aktuellen Stand

Die alte Regelung der Grundsteuer war laut Bundesverfassungsgericht verfassungswidrig. Die Bundesregierung reagierte, doch auch die Reform der Grundsteuer erntete Kritik von den Finanzgerichten. Es wurde erneut nachgebessert und wir werfen einen Blick auf den aktuellen Stand.

27. August 2025
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Die Grundsteuer zählt zu den wichtigsten Einnahmequellen der Städte und Gemeinden in Deutschland. Sie wird auf den Besitz von Grundstücken sowie Immobilien erhoben und finanziert unter anderem Schulen, Kindergärten und die kommunale Infrastruktur.

Im Jahr 2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Berechnung der Grundsteuer auf Basis veralteter Einheitswerte (aus 1964 in Westdeutschland und 1935 in Ostdeutschland) für verfassungswidrig. Die Werte spiegelten die tatsächlichen Marktverhältnisse nicht mehr wider und führten zu einer Ungleichbehandlung gleichartiger Grundstücke.

Die Neuregelung: Bundesmodell und Länderöffnungsklausel

Als Reaktion auf das Urteil wurde 2019 das Grundsteuer-Reformgesetz verabschiedet. Es sieht vor, dass alle Grundstücke in Deutschland zum Stichtag 1. Januar 2022 neu bewertet werden. Die neue Grundsteuer soll ab dem 1. Januar 2025 gelten.

Das Gesetz enthält ein sogenanntes Bundesmodell, das bundeseinheitlich angewendet werden kann. Gleichzeitig wurde eine Länderöffnungsklausel eingeführt, die es den Bundesländern erlaubt, eigene Modelle zur Bewertung des Grundvermögens zu entwickeln.

Die folgende sieben Bundesländer haben von der Länderöffnungsklausel Gebrauch gemacht und eigene Modelle eingeführt:

  • Baden-Württemberg (modifiziertes Bodenwertmodell)
  • Bayern (reines Flächenmodell)
  • Hamburg (Wohnlagemodell)
  • Hessen (Flächen-Faktor-Modell)
  • Niedersachsen (Flächen-Lage-Modell)
  • Saarland (modifiziertes Bundesmodell)
  • Sachsen (modifiziertes Bundesmodell)

Neun Bundesländer wenden das Bundesmodell an:

  • Berlin
  • Brandenburg
  • Bremen
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Nordrhein-Westfalen
  • Rheinland-Pfalz
  • Sachsen-Anhalt 
  • Schleswig-Holstein
  • Thüringen

Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung

Seit der Einführung der neuen Grundsteuerregelungen – sowohl des Bundesmodells als auch der länderspezifischen Modelle – gibt es verfassungsrechtliche Bedenken seitens vieler Bürger. Kritisiert werden insbesondere die Bewertungsmethoden und die daraus resultierenden Belastungen für Grundstückseigentümer. Zwischenzeitlich haben sich die Gerichte auch schon mit den Neuregelungen zur Grundsteuer beschäftigt.

Urteile zum Bundesmodell

Im Rahmen von zwei Entscheidungen zum Bundesmodell hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz im vorläufigen Rechtsschutz verfassungsrechtliche Bedenken geäußert. Der Bundesfinanzhof hat diese Entscheidungen mit seinem Beschluss vom 27. Mai 2024 teilweise bestätigt und die Möglichkeit eröffnet, einen niedrigeren Wert nachzuweisen. In Reaktion auf diese gerichtliche Einschätzung hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich Anpassungen am Bundesmodell vorgenommen. Bei der Entscheidung des Bundesfinanzhofes handelte es sich aber nur um eine vorläufige Einschätzung, da viele Punkte offengelassen wurden. 

Im Gegensatz dazu haben das Finanzgericht Köln, das Finanzgericht Düsseldorf und das Finanzgericht Berlin-Brandenburg keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Bundesmodell gesehen. Auch in Sachsen, wo ein modifiziertes Bundesmodell zur Anwendung kommt, hat das Finanzgericht in vier Entscheidungen keine verfassungswidrige Regelung festgestellt.

Gegen die Entscheidungen der Finanzgerichte wurde die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Ländermodelle: Das sagen die Finanzgerichte

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in zwei Urteilen entschieden, dass das Landesgrundsteuergesetz vom 4. November 2020 verfassungsgemäß ist. Auch das Finanzgericht Hamburg hat das dortige Landesmodell mit Urteil vom 13. November 2024 für verfassungsgemäß erklärt. Das Finanzgericht Hessen und das Finanzgericht München halten die dortigen Grundsteuermodelle ebenfalls für verfassungsgemäß.

Auch gegen diese Entscheidungen zu den einzelnen Ländermodellen wurde die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Ein Urteil des Bundesfinanzhofs steht aber noch aus.

Zum niedersächsischen Landesmodell ist ebenfalls ein Verfahren zu einer möglichen Verfassungswidrigkeit anhängig. Das niedersächsische Finanzgericht hat aber noch keine Entscheidung getroffen.

Anpassung des Bundesmodells

Als Reaktion auf den Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 27. Mai 2024 wurde das Bundesmodell mit dem Jahressteuergesetz 2024 angepasst. Es wurde die Möglichkeit geschaffen, dass ein niedrigerer Wert auch im Bundesmodell nachgewiesen werden kann, wenn ein Verstoß gegen das Übermaßverbot vorliegt. Ein solcher liegt vor, wenn der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren Wert um 40 Prozent oder mehr übersteigt. Dies ist die von der Finanzverwaltung definierte Voraussetzung, damit der niedrigere Wert für die Grundsteuer anerkannt wird.

Es bestehen zwei Möglichkeiten einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen:

  • Durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines öffentlich bestellten oder akkreditierten Sachverständigen.
  • Durch den Nachweis eines Kaufpreises, sofern sich die Verhältnisse zwischen dem Zustandekommen des Kaufpreises und dem Feststellungszeitpunkt der Grundsteuer nicht verändert haben. Der Kaufpreis muss fremdüblich sein und innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Feststellungszeitpunkt vereinbart worden sein.

Bevor ein teures Gutachten in Auftrag gegeben wird, sollte jedoch geprüft werden, ob sich die Kosten für das Gutachten im Verhältnis zur zu zahlenden Grundsteuer lohnen. Liegt ein niedrigerer Kaufpreis vor, ist es ratsam, diese Möglichkeit zum Nachweis eines niedrigeren Wertes auf jeden Fall zu nutzen.

Ausblick: Wie geht es jetzt weiter?

Mit der Anpassung des Bundesmodells wurde ein zentraler Kritikpunkt an der Neuregelung beseitigt. Aus den bisherigen Urteilen lässt sich die Tendenz ableiten, dass die Grundsteuer verfassungsgemäß sein könnte. Es bleibt aber abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof das angepasste Bundesmodell sowie die verschiedenen Ländermodelle abschließend aus verfassungsrechtlicher Sicht bewertet.

Gegen Bescheide über die Grundsteuerwertfeststellung kann Einspruch eingelegt werden. Unter Bezugnahme auf die beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren kann eine Verfahrensruhe erwirkt werden.

Quelle: Beschluss zu Bundesmodell: Bundesfinanzhof – Aktenzeichen: II B 78/23 und II B 79/23; Finanzgericht Köln - Aktenzeichen: 4 K 2189/23; Finanzgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 11 K 2309/23 BG; Finanzgericht Berlin-Brandenburg - Aktenzeichen: 3 K 3170/22 und 3 K 3142/23; Finanzgericht Sachsen - Aktenzeichen: 2 K 574/23, 2 K 211/23, 2 K 212/23 und 2 K 737/23; Beschluss zu Landesmodell: Finanzgericht Baden-Württemberg - Aktenzeichen 8 K 2368/22 und 8 K 2491/22; Finanzgericht Hamburg - Aktenzeichen: 3 K 176/23; Finanzgericht Hessen - Aktenzeichen: 3 K 663/24; Finanzgericht München - Aktenzeichen: 4 K 1312/24; Niedersächsischen Finanzgericht - Aktenzeichen 1 K 38/24