Steuerberatung für Heilberufe

Apothekenreform: Aktuelles zum BMG-Referentenentwurf

Dr. Jutta Degenhardt, Leiterin der »Betriebswirtschaftlichen Abteilung« der Treuhand Hannover, hat einen genauen Blick auf die anstehende Apothekenreform geworfen.

11. November 2025
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Wesentliche Punkte des Apothekenversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (ApoVWG) wie die Verhandlungslösung, PTA-Vertretung sowie die Landapothekenhilfe wurden schon bei Minister Lauterbach ins Gespräch gebracht. Wie befürchtet, fehlt weiterhin die überfällige Anhebung des Fixums. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des aktuellen Referentenentwurfs. 

Vergütungsanpassungen: Apothekenhonorare und Wiedereinführung handelsüblicher Skonti

Apotheken sollen künftig stärker an der Gestaltung ihrer Vergütung mitwirken. Vertreter der Selbstverwaltung verhandeln regelmäßig Anpassungen auf Basis festgelegter wirtschaftlicher Indizes, die dem Gesetzgeber als Empfehlung dienen. Die dringend notwendige Anpassung des Fixums bleibt somit weiter aus. 

Handelsübliche Skonti sollen wieder zulässig sein. Bei Wegfall der Skonti Mitte 2024 hatten wir eine höhere 5-stellige Einbuße pro Jahr prognostiziert. Auch wenn vielleicht nicht alle Skonti in voller Höhe wieder gewährt werden, ist eine merklichen Absenkung des Wareneinsatzes zu erwarten.  

Erhalt des flächendeckenden Apothekennetzes

Um Apotheken auf dem Land zu sichern, sollen sie spezielle Zuschüsse basierend auf Geodaten und weiteren Parameter erhalten. Bis dieses Modell steht, profitieren diese Lagen aufgrund der hohen Notdienst-Frequenz über eine angehobene Nacht- und Notdienstpauschale. Diese wird durch Umwidmung der pDL-Abgabe vorübergehend auf 0,42 Euro je Packung erhöht. Nach der ersten Honoraranpassung lebt die NNF-Abgabe mir 0,20 Euro wieder auf, die pDL-Abgabe entfällt dann dauerhaft.  

Auch Teilnotdienste bis 22 Uhr werden künftig vergütet – mit einem Fünftel der regulären Notdienstpauschale. Das soll flexiblere Dienstpläne und eine Entlastung des Personals ermöglichen. 

Zweigapotheken – als Notlösung in entlegenen Gegenden – leben wieder auf, die Genehmigungsdauer wird auf 10 Jahre hochgesetzt. Man darf maximal zwei Zweigstellen neben maximal 3 Filialen betreiben (also maximal 4 + 2 = 6 Betriebe). Labor und Rezeptur müssen in der Zweigstelle nicht vorhanden sein. Zudem darf die Fläche dieser »Apotheke light« mit Offizin und Lager unter 110 qm liegen. 

Die bisherige Verpflichtung zur Raumeinheit bei Apotheken wird in eine Soll-Bestimmung umgewandelt. Damit kann die Apothekenaufsicht Betriebe mit durch Verkehrsflächen unterbrochenen Raumsituationen genehmigen beziehungsweise der Bestandschutz solcher Erlaubnisse kann leichter verlängert werden.

Fachkräftesicherung und PTA als Vertretung

Eckpunkte der Fachkräftesicherung sind unter anderem die erleichterten Bedingungen fürs Personal, wie die geteilte Leitungsfunktion bei Filialleitern sowie der Einsatz nicht-pharmazeutischer Hilfskräfte in Herstellung und Prüfung.  

Um Apothekenleitungen kurzzeitig vertreten zu können (20 Tage pro Jahr), können sich PTA weiterbilden. Das stärkt zwar die Attraktivität des Berufs und schafft mehr Flexibilität in der Personalplanung, dürfte aber nicht die in der Gesetzesbegründung avisierten Einsparungen bringen. Die PTA-Vertretung gilt nicht für Apotheken, die … 

  • Filialen haben,
  • blistern oder stellen, 
  • Parenteralia herstellen,
  • Impfungen anbieten und
  • Rx-Arzneimittel ohne Rezept abgeben. 

Bürokratieentlastung & Eigenverantwortung: Hilfstaxe, Heimversorgung und Co.

Apotheken dürfen zukünftig wirkstoffgleiche in der Apotheke vorrätige Arzneimittel (vorher »beim Großhandel verfügbar«) abgeben, wenn das Rabattvertrags-Arzneimittel nicht verfügbar ist. Hier erhält die Apotheke eine erweiterte Möglichkeit, den Patienten schnell zu versorgen. Die Nutzung dieser erweiterten Austauschmöglichkeit soll mit Blick auf eventuelle Mehrkosten für die GKV ausgewertet werden.  

Fehler ohne Sicherheitsrisiko sollen nicht länger zu einer kompletten Vergütungskürzung führen. Konkret soll künftig ein Retaxschutz gelten – und zwar auch dann, wenn die Verfügbarkeitsanfragen ganz oder teilweise nicht vorgenommen wurden. In der Begründung heißt es: »Die Nullretaxation aus formalen Gründen wird für Fallgestaltungen ausgeschlossen, in denen sich das von einer Apotheke abgegebene Arzneimittel von dem nach Rahmenvertrag abzugebenden Arzneimittel unterscheidet, die Leistungspflicht der Krankenkasse somit gegenüber dem Versicherten aber durch eine sachgerechte Versorgung stattgefunden hat und grundsätzlich erfüllt wird.« In diesen Fällen entfällt allerdings das Apothekenhonorar, das heißt die GKV zahlt nur der Apotheken-Einkaufspreis des Präparates.  

Auch im Bereich Herstellung und Prüfung soll es Vereinfachungen geben. Filialverbünde müssen Labore nur noch an einem Standort vorhalten. Auch Geräte, Fachliteratur und Herstellvorschriften unterliegen künftig der Eigenverantwortung. 

Ärzte dürfen übergangsweise E-Rezepte direkt an die heimversorgende Apotheke weiterleiten. Eine Erleichterung für die Apotheke durch Wegfall der derzeit aufwendigen Rezeptbesorgung. Ab 2029 sollen dann die Heime an den Fachdienst angeschlossen werden.

Apotheken dürfen künftig Kommissionierautomaten auch zur Lagerung von Betäubungsmitteln nutzen. Kühlkettenpflichtige Arzneimittel dürfen künftig nur mit zertifizierten Transportunternehmen versandt werden. 

In der Versorgung mit patientenindividuellen parenteralen Zubereitungen und Medizinalcannabis wird die Hilfstaxe digitalisiert und vereinheitlicht. Damit soll die Preisfestsetzung und Preisabfrage vereinfacht werden.

Das leidige Anbruch-Thema bei Ausgangssubstanzen in der Rezeptur wird gelöst mit der Klarstellung, dass der anteilige Einkaufspreis der üblichen Abpackungen anzusetzen ist und nicht der Preis der ganzen Packung.  

Prävention als neue Aufgabe: Weiterentwicklung pharmazeutischer Dienstleistungen

Apotheken übernehmen künftig Aufgaben zur Früherkennung und Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Tabakfolgen als neue pharmazeutische Dienstleistungen.  

Neben Grippe und COVID-19 dürfen Apotheken künftig auch andere Nicht-Lebendimpfungen wie Tetanus oder FSME anbieten. Zudem dürfen Apotheken auf Selbstzahlerbasis Schnelltests zur Erregerdiagnostik anbieten.

Dienstleistungen (Medikationsmanagement) werden gesetzlich definiert. Ergebnisse sind in der elektronischen Patientenakte (ePA) zu dokumentieren und können auch verordnet werden (neu verordnete Dauermedikation).  

Abgabe von Rx-Arzneimittel ohne Rezept (neu § 48 a und b AMG)

Apotheken dürfen bei bekannter Langzeitmedikation RX-Medikamente (kleinste Packung) auch ohne ärztliche Verordnung abgeben. Eine Erleichterung, mit der Stammkunden in Notsituationen (»Arzt im Urlaub«) unkompliziert versorgt werden können. Auch bei noch zu benennenden leichteren Erkrankungen sollen RX-Arzneimittel vom Apotheker abgegeben werden dürfen. Die Abgabe wird dokumentiert und erfolgt auf Selbstzahlerbasis mit Zusatzhonorar. Der ausführende Apotheker muss in beiden Fällen zum Personal der öffentlichen Apotheke gehören - eine Abgabe quasi durch einen externen »RX-Dienstleister« ist damit untersagt. 

Dieser Artikel ist auf dem Stand der Entwicklungen vom 28. Oktober 2025. Am 6. November 2025 findet eine Anhörung der Verbände statt.

Quellen: BMG-Papier, Referentenentwürfe, Deutsche Apotheker Zeitung, Apotheke adhoc