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Kindergeld beim Freiwilligen Wehrdienst – Bleibt der Anspruch bestehen?
Ihr Kind möchte den Freiwilligen Wehrdienst absolvieren und Sie fragen sich, ob der Anspruch auf Kindergeld bestehen bleibt? Wir klären über alles Wissenswerte zum Thema auf.

Viele Eltern kennen das: Das Kind hat das Abitur in der Tasche und überlegt, wie es weitergeht: Studium, Ausbildung oder vielleicht der Dienst bei der Bundeswehr? Doch was passiert in dieser Zeit mit dem Kindergeld? Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bringt nun mehr Klarheit für Familien, deren Kinder den Freiwilligen Wehrdienst absolvieren.
Besteht beim Freiwilligen Wehrdienst Anspruch auf Kindergeld?
Diese Frage beschäftigt viele Eltern, deren volljährige Kinder sich für den Dienst bei der Bundeswehr entscheiden. Schließlich kann der Weg zwischen Schule, Wehrdienst und Ausbildung einige Monate dauern und das Kindergeld ist für viele Familien oder für das Kind als zusätzliche Unterstützung ein wichtiger finanzieller Beitrag.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 20. Februar 2025 (III R 43/22) entschieden: Der Freiwillige Wehrdienst ist, anders als ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr, kein eigener Berücksichtigungstatbestand im Sinne des Steuergesetzes. Das bedeutet, dass allein durch die Ableistung des Freiwilligen Wehrdienstes kein Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind entsteht. Aber unter bestimmten Voraussetzungen kann trotz Wehrdienst weiterhin Anspruch auf Kindergeld bestehen.
Wann gilt ein Kind überhaupt als Kind im steuerlichen Sinn?
Das Kindergeld ist Teil des »Familienleistungsausgleichs«. Es soll das Existenzminimum eines Kindes steuerlich freistellen und gleichzeitig die Familie finanziell entlasten.
Anspruchsberechtigt ist grundsätzlich, wer in Deutschland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat und ein Kind im Sinne des Steuerrechts hat. Das Kindergeld wird bis zum 25. Lebensjahr gezahlt, wenn das Kind sich in Ausbildung befindet, eine Ausbildung sucht oder bestimmte Übergangszeiten zwischen Ausbildungsschritten überbrückt. Das Einkommensteuergesetz unterscheidet genau, wann und für wem Kindergeld gezahlt wird.
Kindergeld erhalten Eltern grundsätzlich für:
- Leibliche Kinder,
- Adoptivkinder,
- Pflegekinder und in bestimmten Fällen Stiefkinder.
Für volljährige Kinder endet der Anspruch nicht automatisch mit dem 18. Geburtstag. Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres kann weiter Kindergeld gezahlt werden, wenn zum Beispiel folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Das Kind befindet sich in Ausbildung oder Studium,
- es wartet auf einen Ausbildungsplatz oder
- es leistet einen Freiwilligendienst (zum Beispiel ein Freiwilliges soziales Jahr oder ein Freiwilliges ökologisches Jahr, Bundesfreiwilligendienst).
Und genau hier setzt das aktuelle Urteil an: Der Freiwillige Wehrdienst gehört nicht zu diesen Freiwilligendiensten.
Der entschiedene Fall, was war passiert?
Im entschiedenen Fall hatte der Sohn eines Steuerpflichtigen nach dem Abitur den Freiwilligen Wehrdienst begonnen. Während der Grundausbildung zahlte die Familienkasse Kindergeld, danach jedoch nicht mehr. Nach der Grundausbildung diente der Sohn als Soldat auf Zeit, ohne eine weitere Ausbildung zu absolvieren. Erst nach Ende des Wehrdienstes begann er ein Studium, zu dem er sich während der Dienstzeit entschlossen hatte. Die Familienkasse verweigerte für die Zeit zwischen Grundausbildung und Studienbeginn das Kindergeld und das Finanzgericht Bremen bestätigte diese Entscheidung. Der Vater legte Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Der Bundesfinanzhof gab dem Vater überwiegend Recht. Nach Auffassung der Richter stellt der Freiwillige Wehrdienst keinen eigenen Kindergeldtatbestand dar. Dennoch kann ein Anspruch auf Kindergeld bestehen, wenn das Kind während dieser Zeit eine Ausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Die dreimonatige Grundausbildung bei der Bundeswehr gilt zwar als Teil einer Berufsausbildung, etwa zum Offizier oder Unteroffizier, sie führt jedoch nicht automatisch zu einem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung im steuerlichen Sinne. Entscheidend war im konkreten Fall, dass der Sohn sich während des Wehrdienstes bereits ernsthaft um einen Studienplatz bemüht hatte, dies allerdings erst ab einem bestimmten Zeitpunkt nachweislich. Aus diesem Grund wurde das Kindergeld für nahezu die gesamte Dienstzeit gewährt, für einen Monat jedoch versagt.
Was bedeutet das für Eltern in der Praxis?
Viele Eltern fragen sich nun: Wann genau bleibt das Kindergeld bestehen? Ein Überblick über die wichtigsten Punkte:
- Freiwilliger Wehrdienst allein genügt nicht.
Es muss zusätzlich ein weiterer Berücksichtigungstatbestand vorliegen, etwa eine begonnene oder geplante Ausbildung, oder der nachweisliche Versuch, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. - Nachweise sind entscheidend. Die Familienkasse prüft genau, wann sich das Kind tatsächlich um einen Ausbildungs- oder Studienplatz bemüht hat (z. B. Bewerbungen, Zulassungsanträge, Schriftwechsel mit Hochschulen).
- Grundausbildung zählt nicht als abgeschlossene Ausbildung. Die dreimonatige Grundausbildung führt nicht dazu, dass die Ausbildung »beendet« ist. Das Kindergeld kann also weiterlaufen, wenn eine spätere Ausbildung geplant ist.
- Zeitliche Lücken sind zu vermeiden. Wenn zwischen Wehrdienst und Ausbildung eine Lücke entsteht, sollte klar dokumentiert sein, dass das Kind sich in dieser Zeit aktiv auf eine Ausbildung vorbereitet oder darauf wartet.
Kindergeld beim Freiwilligen Wehrdienst: Das sollten Eltern im Blick behalten
Das BFH-Urteil zeigt deutlich, dass Eltern nicht automatisch davon ausgehen sollten, dass der Kindergeldanspruch während des Freiwilligen Wehrdienstes entfällt. Entscheidend ist, ob das Kind sich in dieser Zeit bereits auf eine Ausbildung vorbereitet oder aktiv bemüht, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Wer ein Kind hat, das den Freiwilligen Wehrdienst absolvieren möchte, sollte frühzeitig prüfen, ob das Kind anschließend ein Studium oder eine Ausbildung plant und ob es Nachweise für Bewerbungen oder konkrete Absichten gibt. Denn diese Dokumentation kann im Streitfall über den weiteren Bezug von Kindergeld entscheiden.
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