Unternehmenssteuerung – Meine Kennzahlen fest im Blick

Wann lohnt sich ein Warenautomat?

Besonders in Zeiten des Personalmangels kann ein Kommissionierautomat eine große Hilfe in der Apotheke sein. Allerdings ist die Anschaffung auch sehr kostenintensiv. Deshalb haben wir die Frage geklärt, wann sich ein Warenautomat lohnt.

12. August 2022
alt text

Die Apotheke ist ein personalintensiver Betrieb. Personal zu halten und zu gewinnen gestaltet sich so schwierig wie nie zuvor. Da kann die Optimierung der Abläufe einen wichtigen Beitrag leisten, um die knappe Ressource »Personal« zeitsparend einzusetzen. Die Idee, sich durch eine Maschine bei der Lagerung und Zusammenstellung der Medikamente unterstützen zu lassen, liegt daher nahe.

Automaten sparen Raum und Zeit

Der für viele Automatenbesitzer bedeutendste Vorteil liegt in der Entlastung des Personals. Zum einen entfallen die »Laufzeiten« im Handverkauf. Zwar ist die Maschine nicht in jedem Fall schneller als der Mensch, dennoch entstehen entscheidende Vorteile. Denn die Mitarbeiter verbleiben in der Zwischenzeit beim Kunden, können ihn beraten, Zusatzempfehlungen aussprechen oder den Abrechnungsvorgang abschließen. In Stoßzeiten oder in Apotheken mit generell hohem Kundenaufkommen ermöglicht dieser Zeitpuffer auch die Bedienung von mehr Kunden als vorher. Zusätzlich erreicht man Einsparungen im Back-Office: beim Ein- und Auslagern, der schnelleren Ladenhüter- und Retourenbearbeitung, vereinfachter Neuaufnahme oder der Zusammenstellung von Lieferungen. Dies schafft Effizienzgewinne bei den PKAs, die dadurch Zeit für andere Tätigkeiten gewinnen.

Nimmt der Automat darüber hinaus weniger Fläche ein oder wird sogar im Ober- oder Untergeschoss betrieben, entstehen Raumgewinne. Besonders bei einer kleinen Offizin und/oder teuren Mieten ist jeder gewonnene Regalmeter wertvoll.

Die Abbildung fasst die Vorteile einer Lagerautomatisierung zusammen. Es ist allerdings blauäugig anzunehmen, dass sich alle positiven Effekte zusammen einstellen können. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist von Fall zu Fall verschieden.

Welche Ausgaben fallen durch die Anschaffung eines Warenautomaten an?

Die Kostenseite der Investition macht sich in Form von Zinsen, Wartungskosten und Abschreibungen bemerkbar. Heutzutage bieten die Hersteller mehrere Varianten an: standardisierte Einstiegssysteme, die bei etwa 70.000 Euro beginnen, aber auch modular aufgebaute Maschinen, die an die individuellen Gegebenheiten angepasst werden können und dann die 100.000 Euro Marke überschreiten. Dazu kommen je nach Wünschen und technischer Machbarkeit die Kosten für Zusatzmodule (zum Beispiel automatische Einlagerung, zweiter Greifarm, Kühlmodul), für Transportsysteme und die Kosten der Service- und Wartungsverträge. Letzteres ist Pflicht und schlägt – je nach Ausgestaltung – mit monatlich etwa 400 bis 500 Euro zu Buche. Zusammen mit Strom- und sonstigen Reparaturkosten hat man über die ganze Lebensdauer der Maschine den Kaufpreis sicherlich ein zweites Mal in Form laufender Kosten gezahlt. 

Zeitgewinn im Handverkauf produktiv nutzen

Bei der Ermittlung des Nutzens muss man auf Annahmen und Hochrechnungen zurückgreifen. Im Handverkauf besteht der Nutzen aus dem Zeitgewinn, der auf der einen Seite zu Beratung und Mehrumsatz oder auf der anderen Seite zu kürzeren Bedienzeiten genutzt werden kann. Wichtig ist festzustellen, dass es hier nur ein »entweder/oder« geben kann: Denn mit weniger Personal in weniger Zeit mehr beraten und verkaufen ist nicht möglich! 

Es kann sinnvoll sein, vor der Investition die »Rennzeiten«, Bedienzeiten und Kundenfrequenz zu messen, um sich ein Bild über die Abläufe und die mögliche Zeitersparnis zu machen. Auch können diese Zeiten mit Personalkosten bewertet werden, um mögliches Einsparpotenzial zu identifizieren. Erfahrungen der Treuhand Hannover aus Beratungsprojekten haben aber gezeigt, dass Apotheken mit einem Kommissionierer in der Regel nicht direkt am HV-Personal sparen. Allerdings hilft der Automat, ein Kundenwachstum, einen Kundenansturm in Spitzenzeiten oder einen Ausfall von Mitarbeitern besser zu bewältigen. Scheidet ein HV-Mitarbeiter aus, kommt man eventuell durch Unterstützung des Automaten und Verteilung der Arbeiten auch ohne eine Neueinstellung aus.

Mehrumsatz als größter Hebel

So bleibt als positiver Beitrag im Handverkauf der Weg über den Mehrumsatz. Dieser kann zum einen über Zusatzverkäufe kommen, die die Mitarbeiter in der frei gewordenen Zeit empfehlen. Dieser Beitrag sollte aber nicht überschätzt werden: So liegt die typische Zusatzempfehlung im Preisbereich bis 10,00 Euro, mit Rohgewinnen von 1,00 bis 3,00 Euro. Für einen signifikanten Beitrag zur Kostendeckung müssten demnach viele Verkäufe getätigt werden, dies scheitert allerdings oft an der Kaufbereitschaft der Kunden oder an der Kommunikationsfähigkeit des Teams.

Ein größerer Faktor ist der Mehrumsatz, der durch höhere Kundenfrequenz entsteht. Kommen mehr Kunden, weil die Apotheke attraktiv umgestaltet wurde oder weil sich die intensivere Beratung in der Bevölkerung herumspricht, dann hilft der Automat, dieses Wachstum mit dem bestehenden Personal zu bedienen. Hier ist im Schnitt knapp 10 Prozent Kundenwachstum nötig, um die Kosten des Automaten auszugleichen. 

Im Lager wird viel Zeit frei

Groß ist das Einsparpotenzial auch im Bereich der Lagerverwaltung. Voraussetzung ist, dass die Arbeitsprozesse entsprechend umgestaltet werden. Entweder führen die Mitarbeiter in der frei werdenden Zeit andere Tätigkeiten aus, wie beispielsweise Regalpflege, Marketingaktionen oder Büro- beziehungsweise Telefondienst. Oder man prüft eine Stundenreduzierung der PKA, was über geringere Personalkosten direkt erfolgswirksam wäre. Hier ist aber Augenmaß gefragt. Wer heute schon nur mit einer PKA arbeitet, der wird kaum diese Kraft rationalisieren können. 

Individuell verschieden fällt – wenn überhaupt – der erzielbare Raumgewinn aus. Hierbei kommt es nicht darauf an, wie groß die gewonnene Fläche überhaupt ist, sondern inwieweit sie in umsatzbringende Regalmeter umgesetzt werden kann. Die entscheidende Frage ist: Wie hoch ist der Rohgewinn des zusätzlichen Umsatzes auf der gewonnen Fläche zu veranschlagen? Auch hier ist zu bedenken, dass insbesondere zusätzliche Freiwahlsortimente vom Umsatz in der Apotheke meist nur Marginalien darstellen. 

Fazit: Wodurch können die Kosten gedeckt werden?

Das größte Potenzial zur Kostendeckung liegt im Ertrag aus zusätzlichem Umsatz. Ob dies zu erreichen ist, hängt nicht nur von den eigenen Anstrengungen, sondern auch vom Standort und der Wettbewerbssituation ab. Ein weiterer Hebel, um zu rationalisieren, ist der Personalaufwand im Warenlager.

Allerdings ist der Einbau eines Automaten weniger als reines Kostensparinstrument zu sehen, sondern als strategische Entscheidung, wie Arbeitsprozesse bei Ware und Kunde ausgestaltet werden sollen und wie sich die Apotheke im Wettbewerb positioniert. Daher sollte man sich im Vorfeld über die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten sowie über Vor- und Nachteile gut informieren. Die Checkliste im Kasten hilft dabei. Da die Kosten-Nutzen-Bilanz von Fall zu Fall unterschiedlich ist, sollte für jedes Projekt individuell kalkuliert werden.

Das sollte man vor Anschaffung eines Kommissionierautomaten klären:

  • Strategisches Ziel durch den Einbau: Wachstum, Kostenreduzierung, Erweiterung der Offizinfläche, …?
  • Auswirkungen auf die wirtschaftliche und steuerliche Situation durchrechnen, Abwägung zwischen Kauf, Mietkauf oder Leasing.
  • Wie hoch ist die minimale sowie maximale Kapazität des Kommissionierers auf Basis des eigenen Lagers?
  • Was soll automatisiert werden: Schnell-, Langsam-, Mitteldreher? Sichtwahl? Alles? 
  • Automatisierungsgrad beim Einräumen: Halb- oder Vollautomatisierung?
  • Standort des Automaten, dadurch entstehende Transportzeiten und Umbaumaßnahmen
  • Technische Stabilität heutzutage sehr gut, wichtiger: Wie sind die Reaktionszeiten von Hotline, Wartung und Service?

Sind folgende Voraussetzungen gegeben, ist die Investition tendenziell eher sinnvoll:

  • Die Apotheke hat eine hohe Kundenfrequenz,
  • ein Umsatzwachstum wird für realistisch gehalten,
  • der Einbau vergrößert die Sicht- und Freiwahlfläche,
  • es ist schwierig, qualifiziertes Personal zu bekommen und der Automat ersetzt eine Neueinstellung,
  • oder die Einrichtung muss erneuert werden beziehungsweise ein Umbau ist geplant.