Tücken beim Apothekenkaufvertrag

Welche Tücken kann ein Apothekenkaufvertrag mit sich bringen? Worauf sollten Verkäufer besonders achten? Ralph Kromminga, Fachanwalt für Medizinrecht und Fachanwalt für Sozialrecht der Treuhand Hannover GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft klärt auf.

01. Mai 2023
alt text

Über 40 Prozent der selbstständigen Apotheker haben ein Alter von über 55 Jahren. Das bedeutet, dass fast jeder zweite von Ihnen seine oder ihre Apotheke kurz- oder mittelfristig abgeben wird. Wenn die Nachfolgesuche erfolgreich abgeschlossen und der Kaufpreis verhandelt ist, geht es an die Erstellung eines Apothekenkaufvertrages. Was können Sie tun, damit die Übergabe möglichst fehlerfrei und die Abgabe der Apotheke reibungslos vonstattengeht?

Das Wichtigste ist, die Übergabe rechtzeitig zu planen. Wenn über alle relevanten Verhandlungspositionen Konsens besteht, ist die rechtliche Umsetzung innerhalb von zwei bis drei Monaten bequem zu schaffen. Sie als Abgeber sollten allerdings immer im Auge haben, dass die Käuferseite ein bis drei Monate für die Erteilung der Betriebserlaubnis benötigt (je nach Erlaubnisbehörde), und sowohl eine sichere Finanzierung als auch eine Einigung mit dem Vermieter vonnöten ist. Die Käuferseite muss für den Antrag auf Erteilung der Betriebserlaubnis unter anderem einen unterschriebenen Kaufvertrag, einen unterschriebenen Mietvertrag (oder eine Mietvertragsüberleitung) und oft auch die Finanzierung vorlegen. Vom Beginn der Vertragserstellung bis zur Übergabe sollte möglichst noch ein Zeitraum von sechs Monaten vor Ihnen liegen. Gehen wir ins Detail.

Ein schlechter Mietvertrag kann die Übergabeplanung verzögern

Sehr oft ist der Vermieter ein Nadelöhr bei der Übergabe. Das ist individuell sehr unterschiedlich und Sie können am besten einschätzen, zu welchem Zeitpunkt der Vermieter in die Übergabe involviert werden soll. Das Ideal wäre dabei, wenn der Mietvertrag bereits soweit optimiert ist, dass er apothekenfreundliche Regelungen und eine ausreichende Laufzeit enthält. Dann muss der bestehende Mietvertrag nur noch durch eine einfache Vereinbarung auf die Käuferseite übergeleitet werden. Durch eine vorausschauende Planung können Sie Ihren Mietvertrag schon mehrere Jahre vor der geplanten Übergabe so optimieren, dass die Übergabe an sich nur noch eine Formalie ist. So sollte der Mietvertrag idealerweise noch eine Laufzeit von fünf Jahren sowie mindestens zwei, besser drei, vier oder fünf mieterseitige Optionen zur Verlängerung um jeweils weitere fünf Jahre enthalten. Ist die Laufzeit kürzer, dauern die Verhandlungen mit der Vermieterseite oft länger, zumal die Vermieterseite dann oft noch die Miete erhöhen möchte. Eine Mieterhöhung führt dann manchmal auf der Käuferseite dazu, dass nochmals über den Kaufpreis verhandelt wird. Sie sollten jedenfalls immer bedenken, dass eine zu späte Einbindung des Vermieters die gesamte Übergabeplanung verzögern oder sogar vereiteln kann.

Was sollten Verkäufer für die Vertragserstellung bereithalten?

Sie können die Vertragserstellung durch zügiges Abarbeiten von Checklisten und das Bereithalten der notwendigen Unterlagen beschleunigen. Fast alle Kaufverträge beinhalten ein Inventarverzeichnis oder Anlageverzeichnis, um zu dokumentieren, welche Einrichtung mitverkauft wird. Dieses Verzeichnis können Sie (gegebenenfalls mit Hilfe Ihres persönlichen Beraters) bereits vorbereiten. Dasselbe gilt für eine Aufstellung der bestehenden Dauerschuldverhältnisse. Grundsätzlich sollte im Kaufvertrag vereinbart werden, dass mit dem Zeitpunkt der Übergabe sämtliche bestehenden Verträge auf die Käuferseite übergehen. Hierzu ist es vonnöten, dass Sie eine Liste mit allen bestehenden Verträgen erstellen. Nur so kann ein Käufer der Apotheke einschätzen, welche Verträge es gibt, welche Kosten hierbei entstehen und von welchen Verträgen man sich vielleicht schon vor der Übernahme trennen kann. Ein besonderes Augenmerk ist auf die hochpreisigen Verträge zu richten. Das ist insbesondere der EDV-Vertrag für die Warenwirtschaft, der manchmal sehr lange Laufzeiten hat (oft 60 Monate) und regelmäßig monatliche Kosten im vierstelligen Bereich nach sich zieht. Die Erstellung einer Liste mit den Dauerschuldverhältnissen dient auch der weiteren Abwicklung, denn es ist Ihre Aufgabe, sämtliche Dritte anzuschreiben und darum zu bitten, dem Wechsel des Vertragspartners zuzustimmen. Anders als viele Apotheker annehmen, zieht die Abgabe der Apotheke kein Sonderkündigungsrecht nach sich und mit wenigen Ausnahmen gehen die Verträge auch nicht automatisch (per Gesetz) auf die Käuferseite über.

Die Tücken, die das Warenlager mit sich bringt

Ein weiterer wichtiger Regelungspunkt ist die Bewertung des Warenlagers. In ausgewogenen Apothekenkaufverträgen gibt die Verkäuferseite ihre eigenen Einkaufsvorteile an die Käuferseite weiter. Es muss dabei darauf geachtet werden, dass das, was im Kaufvertrag vereinbart wird, in der Praxis auch umsetzbar ist. Es nutzt also nichts, wenn bestimmte Abschläge für schwer verkäufliche Ware oder die Definition von unverkäuflicher Ware an einer bestimmten Lagerdauer oder Mindesthaltbarkeit festgemacht wird, wenn diese Werte nicht ermittelt werden können. Dies gilt auch, wenn Sie eine Fremdinventur durch ein Apothekeninventurunternehmen vereinbaren. Das Inventurunternehmen muss die Definitionen des Kaufvertrags bei seiner Inventur übernehmen können oder Sie müssen das Inventurergebnis des Inventurunternehmens durch die Regelungen im Kaufvertrag abschließend festlegen können. Besonderheiten im Warenlager können durch individuelle Regelungen abgebildet werden (zum Beispiel spezielle Regelungen für Hochpreiser, Regelungen für Saisonware, Impfstoffe oder spezielle Medikamente, die aufgrund der Kundenstruktur von der Norm abweichen).

Revisionsfähigkeit und Datenschutz müssen geregelt sein

Schließlich darf kein Kaufvertrag ohne Regelungen zum Datenschutz und zur Schweigepflicht vereinbart werden. Dies ist auch deswegen so wichtig, weil es ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 1992 gibt, demzufolge ein Kaufvertrag unwirksam sein kann, wenn hierzu gar keine oder mangelhafte Regelungen vereinbart werden. Ob die Datenschutzproblematik gesetzgeberisch gelungen ist, ist Ansichtssache, dennoch gilt es diese zu beachten, denn das Schlimmste wäre, wenn der Kaufvertrag wegen Schweigepflichtverstößen oder Datenschutzverletzungen rückabgewickelt werden müsste.

Zudem können Sie die Übergabe dadurch fördern, dass die Apotheke möglichst revisionsfähig ist. Es ist von Vorteil, wenn die letzte amtliche Besichtigung noch nicht allzu weit zurückliegt und es sollte selbstverständlich sein, dass die Käuferseite eine Kopie des letzten Revisionsprotokolls erhält. Wenn der Kaufpreis sehr niedrig ist, können Sie versuchen, das Risiko von möglichen Beanstandungen der Aufsichtsbehörde auch auf die Käuferseite abzuwälzen. Der Normalfall ist allerdings, dass von Ihnen die Revisionsfähigkeit zugesichert wird.

Wann sollten Sie Ihre Mitarbeiter über den Verkauf informieren?

Wann teilen Sie Ihrer Belegschaft mit, dass Sie die Apotheke verkaufen? Hier gibt es keinen perfekten Zeitpunkt. Weder sollten Sie Ihre Arbeitnehmer aufschrecken, bevor der Kaufvertrag unterschrieben ist, noch sollten Sie die Mitteilung zu spät durchführen. Bitte bedenken Sie, dass es sich beim Verkauf einer Apotheke praktisch immer um einen Betriebsübergang handelt. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, Ihre Mitarbeiter umfassend über den Betriebsübergang zu informieren. Die Mitarbeiter dürfen frei entscheiden, ob sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen Nachfolger widersprechen oder nicht. Widerspricht ein Arbeitnehmer, müssen Sie diesen mit der vertragsgemäßen Kündigungsfrist kündigen. Bei langjährigen Mitarbeitern können dies 7 Monate sein. Das Arbeitsverhältnis geht nicht auf die Käuferseite über. Sie müssen dem Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter vergüten. Die Pflicht zur Vergütung endet nicht mit der Übergabe der Apotheke, sondern mit dem Ablauf der Kündigungsfrist. Das spricht dafür, die Vertragserstellung sogar noch länger als sechs Monate vor dem Übergabestichtag abzuschließen.

Wir wollen Ihnen Mut machen, die Übergabe Ihrer Apotheke rechtzeitig anzugehen. Je besser die Planung, desto besser kann der Verkauf Ihrer Apotheke gelingen. Wir von der Rechtsanwaltsgesellschaft der Treuhand Hannover unterstützen Sie gerne bei der Umsetzung Ihres Vorhabens und bei allen Aspekten rund um die Vertragserstellung.

Das könnte Sie auch interessieren