Michael Volkhausen
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Bevor Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich berücksichtigt werden, müssen viele Prüfschritte vollzogen werden. Als Ergebnis kommen drei Varianten in Betracht:
Alle Varianten werden im Verlauf des Artikels anhand genauer Beispiele erläutert.
Da außerdem zu diesem Thema ständig neue Urteile ergehen, die oft zu Ungunsten für die Steuerpflichtigen ausfallen, ist es umso erfreulicher, drei positive Finanzgerichtsurteile und Praxishinweise vorzustellen.
Das Sächsische Finanzgericht hat in einem Urteil bei einer angestellten Erzieherin die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten anerkannt.
Die Erzieherin kann die anteiligen Raumkosten bis zu einem Maximalbetrag von 1.250 Euro abziehen, weil für bestimmte Tätigkeiten in der Kindertagesstätte kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Entscheidend war hier, dass die Erzieherin in der Kita keinen büromäßig ausgestatteten Arbeitsplatz besaß, an dem sie beispielsweise die Schuleignungsprofile für die von ihr betreuten Kinder erstellen konnte.
Die Finanzämter argumentieren oft, dass das Arbeitszimmer nicht notwendig für die Ausübung des Berufes sei. Diese Arbeiten könnten überall in der Wohnung erledigt werden. Aber hierauf kommt es nicht an. Der Bundesfinanzhof hat bereits mehrfach klargestellt: Ein häusliches Arbeitszimmer muss nicht erforderlich sein. Entscheidend ist allein, dass es ausschließlich – oder zumindest nahezu ausschließlich – für berufliche oder betriebliche Zwecke genutzt wird.
Das Finanzgericht München hat folgenden Fall entschieden: Ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer hat ein oder mehrere Zimmer seiner selbst genutzten Wohnung an die GmbH vermietet. Diese überlässt ihm anschließend die Räume zur beruflichen Nutzung. Es wurde ein ordnungsgemäßer Vertrag abgeschlossen, jedoch wurde eine Bruttomiete ohne Abrechnung der Betriebskosten vereinbart.
Das Finanzamt sah darin eine verdeckte Gewinnausschüttung, da ein ordentliches Mietverhältnis eine Betriebskostenabrechnung vorsieht.
Das Finanzgericht München hat dieses wiederum nicht bestätigt. Es liegt insgesamt eine ordnungsgemäße Vertragsgrundlage vor. Die Vereinbarung einer Bruttomiete ohne Abrechnung der Betriebskosten sei bei einem Untermietverhältnis nicht unüblich. Im Ergebnis sind die Mieteinnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Die damit zusammenhängenden Aufwendungen sind in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Die Abzugsbeschränkungen für häusliche Arbeitszimmer können mit dieser Gestaltung ausgehebelt werden. Die Beschränkungen gelten nicht bei der Vermietung von Privaträumen an den Arbeitgeber.
Ebenfalls hatte das Finanzgericht München folgende positive Entscheidung getroffen: Eine selbstständige Pilates-Trainerin hat einen Raum in ihrer Mietwohnung für Unterrichtsstunden genutzt. Die Finanzrichter kamen zu dem Ergebnis, dass die Abzugsbeschränkung nicht gilt, weil es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer handelt, das wie ein Büro eingerichtet war. Es ist auch unproblematisch, dass die Kunden ein dem privaten Bereich zuzuordnendes Zimmer durchqueren mussten, um in den betrieblich genutzten Raum zu gelangen.
Weiterhin wollte das Finanzamt nur 50 Prozent der Miete anerkennen, da die Trainerin die Wohnung gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten gemietet hat. Das Finanzgericht hat auch dem widersprochen. Nach der Urteilsbegründung ist der Werbungskostenabzug auf die jeweils selbst getragenen Aufwendungen begrenzt. Es könne allerdings zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass der selbst getragene Aufwand primär auf den beruflich genutzten Raum entfällt.
Wie die Rechtsprechung zeigt, lohnt es sich in der Beurteilung des Arbeitszimmers, nicht sofort der Argumentation der Finanzverwaltung zu folgen.
In Folge der Corona-Pandemie ist in den Steuererklärungen 2020 und 2021 dieses Thema und der Umgang des Arbeitgebers mit der Home-Office-Regelung interessant. Verfügt der Arbeitnehmer über ein häusliches Arbeitszimmer und erbringt er seine berufliche/betriebliche Betätigung während der Corona-Pandemie ausschließlich oder überwiegend in seinem häuslichen Arbeitszimmer, wird für die qualitative Beurteilung der Betätigung eine mindestens gleichwertige Arbeit angenommen.
Für die Prüfung des zeitanteiligen Überwiegens der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer kann dabei auf die wöchentliche Regelarbeitszeit abgestellt werden. Bei zeitlich überwiegender oder ausschließlicher Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer liegt dann der Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer. Bei dieser Prüfung sind unverändert alle betrieblichen und beruflichen Betätigungen (Gesamttätigkeit) zusammen zu beurteilen.
Beispiel 1
Der Arbeitnehmer erledigt seine beruflichen Tätigkeiten ausschließlich von seinem Home-Office aus.
Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer können unbeschränkt berücksichtigt werden. In dem häuslichen Arbeitszimmer liegt der Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit.
Beispiel 2
Der Arbeitnehmer arbeitet an drei Arbeitstagen im Home-Office und an zwei Arbeitstagen im Büro des Arbeitgebers.Auch hier können die Aufwendungen des Arbeitszimmers unbeschränkt berücksichtigt werden. Ebenso besteht hier der Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit. Unerheblich ist, dass im Betrieb ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Diese Sichtweise wird auch von der Finanzverwaltung vertreten und kommt während der Corona-Krise unterhaltenden Home-Office-Tätigkeiten eine große Bedeutung zu.
Beispiel 3
Der Arbeitnehmer arbeitet an zwei Arbeitstagen im Home-Office und an drei Arbeitstagen im Büro des Arbeitgebers.
Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer können nicht in vollem Umfang geltend gemacht werden, da dort nicht der Tätigkeitsmittelpunkt liegt. Hier dürfte ein Kostenabzug bis maximal 1.250 Euro zulässig sein. Nach Auffassung der Finanzverwaltung gilt dies jedoch nur, wenn der Arbeitgeber es dem Mitarbeiter untersagt, an den Home-Office-Tagen im Büro des Arbeitgebers tätig zu werden. Entsprechende Dokumentationen sollten geführt werden, weil die Feststellungslast beim Steuerpflichtigen liegt.
Die zeitliche Prüfung ist laut Meinung der Finanzverwaltung für einen zusammenhängenden Zeitraum als Durchschnittsregelung vorzunehmen, zum Beispiel für die Zeit im ersten Lockdown oder insgesamt seit Beginn der Pandemie. Bei Änderungen im Betriebsablauf/der Arbeitsorganisation (zum Beispiel bei zeitweiliger Kurzarbeit oder Ähnlichem) kann der Arbeitnehmer einen anderen Zeitraum heranziehen.
Die vorstehenden Annahmen sind nach Auffassung der Finanzverwaltung für den Zeitraum der Corona-Pandemie grundsätzlich einheitlich zu beurteilen. Dieser beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem der Steuerpflichtige seine betriebliche/berufliche Betätigung ausschließlich oder überwiegend im häuslichen Arbeitszimmer erbringt. Einzelne Unterbrechungen sind dabei unbeachtlich.
Diese Beurteilung muss individuell, bezogen auf die unterschiedlichen Inzidenzzahlen und den hieraus gezogenen unterschiedlichen Konsequenzen in der Arbeitswelt auf unterschiedliche Betrachtungszeiträume bezogen werden. Einfach den gesamten Veranlagungszeitraum als Betrachtungszeitraum heranzuziehen, dürfte in der Argumentation mit dem Finanzamt schwierig werden.
Wird der Zeitraum der ausschließlichen oder überwiegenden Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer beendet, zum Beispiel nach dem ersten Lockdown, ist der Sachverhalt neu zu würdigen.
Beispiel 4
Ein Lehrer ist in den Monaten Januar bis März 2021 ausschließlich in seinem häuslichen Arbeitszimmer tätig (Lockdown). Im Zeitraum April bis Dezember 2021 arbeitet er ebenfalls in seinem häuslichen Arbeitszimmer, weil ihm in der Schule kein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer betragen im Jahr 2021 exakt 3.000 Euro.
Januar bis März 2021
Vollständiger Kostenabzug, da der Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer liegt.
Kostenabzug: 3.000 Euro x 3/12 = 750 Euro
April bis Dezember 2021
Kostenabzug bis maximal 1.250 Euro. Zwar liegt der Tätigkeitsmittelpunkt nicht im häuslichen Arbeitszimmer, es steht aber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.
Kostenabzug: 3.000 Euro x 9/12 = 2.250 Euro = maximal 1.250 Euro
Wichtig: Der Höchstbetrag von 1.250 Euro ist nicht zeitanteilig zu reduzieren.
Die Voraussetzung »kein anderer Arbeitsplatz« liegt nach der Verwaltungsauffassung während der Corona-Pandemie auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen des Gesundheitsschutzes (Vermeidung von Kontakten mit Kollegen) zu Hause arbeitet beziehungsweise gearbeitet hat. Dies gilt für die Zeit der Corona-Pandemie über das Tätigwerden im Home-Office auch ohne eine ausdrückliche (schriftliche) Anweisung des Auftraggebers/Arbeitgebers und der Arbeitnehmer der Empfehlung der Bundesregierung/der Länder gefolgt ist.
Als Zeitraum der Corona-Pandemie wird dabei der Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2021 angenommen. Dieser Zeitraum muss sicherlich noch in das Jahr 2022 erweitert werden.
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