Guido Michels
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Mit dem Vor-Ort-Stärkungsgesetz wurde 2020 der Anspruch der Patienten auf pharmazeutische Dienstleistungen gesetzlich festgeschrieben. Dabei handelt es sich um Leistungen, die über die Verpflichtung zur Information und Beratung gemäß § 20 der Apothekenbetriebsordnung hinausgehen und die die Versorgung der Versicherten verbessern. Nachdem sich der Deutsche Apothekerverband und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung nicht auf eine konkrete Ausgestaltung einigen konnten, hat ein Schiedsspruch am 19. Mai 2022 Klarheit geschaffen.
Die Pharmazeutische Zeitung (PZ) hat den vorliegenden schriftlichen Schiedsspruch einsehen können. Demnach dürfen die Apotheken bei entsprechender Qualifikation ab sofort diese fünf pharmazeutischen Dienstleistungen den Patienten aktiv anbieten und die dokumentierte Durchführung mit den Krankenkassen wie folgt abrechnen (jeweils Netto-Beträge):
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening bezeichnet im Interview mit der PZ die Leistungen als »Quantensprung, auf den wir lange hingearbeitet haben«. Die ABDA werde das Thema in der Öffentlichkeitsarbeit aufgreifen. Apotheken sollten daher die Patienten aktiv auf die neuen Dienstleistungen ansprechen, so Overwiening. Denn der Schiedsspruch gilt ab sofort, sodass Apotheken direkt starten könnten.
Die erweiterte Medikationsberatung sowie die pharmazeutische Betreuung können aber nur von einem Apotheker erbracht werden, der eine entsprechende Fortbildung hat. Für die Blutdruckmessung und die Inhalativa-Beratung braucht es keine spezielle Schulung, hier dürfen zudem auch PTA beraten. Entsprechende Informations- und Fortbildungsangebote werden die Apothekerkammern und -verbände bereitstellen. Darüber hinaus gibt es im passwortgeschützten Mitgliederbereich der ABDA umfangreiche Arbeits- und Informationsmaterialien.
Für die pharmazeutischen Dienstleistungen stehen pro Jahr 150 Millionen Euro an Honorar zur Verfügung. Seit 15. Dezember 2021 wird bereits ein Zuschlag von 20 Cent pro abgegebener Rx-Packung an den Nacht- und Notdienstfonds zur Finanzierung abgeführt. Zur Abrechnung gibt es nach Informationen der PZ eine Sonder-PZN für jede Dienstleistung.
Die Anzahl der erbrachten Leistungen wird quartalsweise über einen Sammelbeleg bei den Rechenzentren eingereicht. Diese rechnen wiederum mit dem Fonds ab. Wird insgesamt mehr als vorgesehen abgerechnet, erhalten die Apotheken in einer ersten Stufe eine Garantiezusage in Höhe von 1000 Euro pro Quartal. Die über diesem Betrag liegenden Forderungen werden proportional gekürzt und dann ausgezahlt.
Für die Erbringung der pharmazeutischen Dienstleistungen fällt vor allem Arbeitszeit an. Investitionen sind kaum nötig, allenfalls Schulungen müssen vorab gemacht und eventuell geeignete Räumlichkeiten hergerichtet werden. Im Großen und Ganzen reduziert sich die ökonomische Betrachtung aber auf die Höhe des Personaleinsatzes.
Je nach Qualifikation kann man mit Stundensätzen (Vollkosten inklusive Arbeitgeberabgaben) beim approbierten Personal von 30 bis 40 Euro, bei PTA von 18 bis 25 Euro rechnen. Mit Hilfe dieser Werte lässt sich kalkulieren, wie viel Zeit man maximal in die Beratung stecken kann und ob die Beratung innerhalb dieser Zeit kostendeckend möglich ist oder nicht. Neben den monetären Effekten bedeuten die Leistungen für die Apotheke aber auch positive Imageeffekte, stärken die Kundenbindung und erhöhen die Chance auf Rezepteinlösung und Zusatzverkäufe.
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